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Die Schiffe und ihre Schicksale

Wind und Wetter

Ein Segelschiff ohne Motor ist abhängig vom Wetter, besonders von der herrschenden Windrichtung und -stärke. Die auf den Schiffen des 17. und 18. Jahrhunderts hauptsächlich verwendeten Rahsegel arbeiten am besten, wenn der Wind direkt von hinten schiebt (Vor-Wind-Kurs) oder schräg von hinten einfällt (Raum-Wind-Kurs). Kein Schiff kann direkt gegen den Wind segeln. Aufgrund physikalischer Effekte ist es aber möglich, bis zu einem gewissen Grad schräg gegen den Wind zu segeln (Am-Wind-Kurs).

Die modernen Schratsegelformen sind dafür wesentlich besser geeignet als die alten Rahsegel, die eine nur geringe Höhe am Wind zulassen. Das Aufkreuzen gegen den Wind ist mit Rahsegeln sehr mühsam. Um einen Punkt zu erreichen, muss tatsächlich eine mehrfache Wegstrecke zurückgelegt werden. Außerdem wird der entsprechende Seeraum benötigt, ein Aufkreuzen in engen Fahrwassern birgt immer die Gefahr einer Strandung. Viele Befehle können wegen ungünstiger Windrichtungen oder Sturm nur unzureichend oder gar nicht ausgeführt werden. Manches Seegefecht wird nur aufgrund der für eine Partei günstigen Windrichtung entschieden, z.B. die Seeschlacht vor Wittow/Rügen im September 1712:

Die dänische Flotte segelt bei Westwind mit Rückenwind zur Insel Rügen, an deren Nordseite die schwedische Transportflotte vor Anker liegt, das Ziel der Dänen. Die Dänen befinden sich auf der dem Wind zugewandten Seite, also in Luv. Sie können entscheiden, ob sie angreifen oder abwarten wollen. Die schwedische Kriegsflotte, welche die Transporter schützen soll, liegt aus Sicht der Dänen auf der vom Wind abgewandten Seite, also in Lee. Der schwedische Admiral möchte angreifen, hat den Wind allerdings von vorn. Mühsam versucht er, aufzukreuzen. Die Dänen weichen aus. Beide Flotten belauern sich mehrere Tage. Aufgrund des für sie günstigen Windes bestimmen die Dänen den Kurs der Flotten, die Schweden können immer nur reagieren. Durch eine Winddrehung, die der schwedische Admiral nicht vorhergesehen hat, geraten die schwedischen Kriegsschiffe in eine Lee-Position zu den Transportern. Die Dänen, die nach wie vor den Windvorteil haben, nutzen das aus. Sie zerstören die Transportflotte. Die schwedischen Kriegsschiffe können nur hilflos zuschauen.